Mittwoch, 25. März 2020

Abbruch meines Freiwilligendienstes wegen COVID-19

Hallo Leute,

Ich kann es selber kaum glauben, aber diesen Post schreibe ich wieder aus Achim. Denn seit Sonntag den 22. März bin ich wieder zurück in Deutschland. Wie es dazu kam? „Corona“ wäre die knappe Antwort, doch ich möchte euch berichten, wie genau es zu meiner frühzeitigen Rückkehr kam:

Alles fing vor etwa zwei Wochen an. Da wurde das Thema Corona Virus immer bekannter in Südafrika. Jedoch hatte da noch niemand damit gerechnet, dass das Virus schwerwiegende Folgen haben wird, es wurde mehr über die „Hysterie“ in anderen Ländern gescherzt und das Virus wurde nicht ernst genommen. Ich muss zugeben, dass ich das Virus anfangs auch unterschätzt habe. 

Am 14. März kamen meine Eltern für einen Besuch in Kapstadt an. Sie wollten gerne die Umgebung kennenlernen, in der ich zu der Zeit schon für 7 Monate lebte. Bei der Einreise wurde nur die Temperatur gemessen, es gab (noch) keine großen Vorsichtsmaßnahmen. Doch von einem Tag zum anderen veränderte sich die Einstellung der südafrikanischen Einwohner zu Corona komplett.

Am Sonntag hielt der Präsident Ramaphosa eine Rede an die Nation und verkündete Maßnahmen, die zur Aufhaltung der Ausbreitung des Virus eingeleitet werden sollen: 

  1. Einreiseverbot für ausländische Bürger aus „High Risk“ Ländern (dazu zählt auch Deutschland),
  2. Südafrikanischen Bürgern wird geraten, nicht durch oder zu High Risk Ländern zu reisen,
  3. Alle, die in letzter Zeit in Südafrika aus High Risk Ländern ankamen, müssen auf das Virus getestet werden,
  4. Schulen sind ab dem 18. März geschlossen,
  5. Versammlungen von mehr als 100 Leute sind verboten,
  6. Hygiene-Kontrolle in Betrieben muss verschärft werden und
  7. Selber auf mehr Hygiene achten: Hände waschen, Gruß mit Ellbogen, … 

Mit so drastischen Vorgehensweisen hat kaum jemand gerechnet. Nach dieser Rede folgte ein Ereignis dem nächsten: Die Eltern meines Mitfreiwilligen Hanno und einer anderen Freundin konnten nicht mehr einreisen, diese wollten Ende März kommen. Auch bei Mothers Unite wurde am folgenden Tag diskutiert, was nun mit dem After Care Center geschehen soll. Am Ende kamen wir zu dem Schluss, dass es am besten ist, dieses für die Kinder zu schließen. Doch die Mitarbeiter sollten weiterhin kommen, um unter anderem das Center aufzuräumen. 

Meine Eltern haben sich währenddessen weiterhin informiert und herausgefunden, dass man sich nur testen lassen soll, wenn man Corona typische Symptome aufweist wie Husten oder Fieber. Danach kümmerten sie sich darum, ihren Flug umzubuchen.

Von anderen Freiwilligen erfuhr ich am selben Tag, dass deren Arbeitsstellen (oft Kindergärten, Schulen oder After Care Centers) geschlossen wurden, und viele zuhause bleiben. Als eine Freiwillige erzählte, dass sie von ihrer Organisation nun zurückgeholt wird, war ich geschockt und dachte, es handle sich um eine Ausnahme. 

Jedoch veröffentlichte das BMZ (Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) am nächsten Tag ein Dokument, in dem sie die Entsendeorganisationen äußerst dazu raten, alle Freiwilligen zurückzuholen. Immer mehr Freiwillige schrieben, dass ihre Organisationen nun Flüge zurückgebucht hätten. Doch Kolping (meine Organisation) hat diese Maßnahmen nicht direkt eingeleitet, sondern nachgehakt, ob Ausnahmeregelungen möglich wären. So saßen Hanno und ich noch im Ungewissen.

Dienstagabend haben wir dann endlich eine E-Mail erhalten, in der es leider hieß, dass alle Kolping-Freiwilligen zurückgeholt werden müssen. Plötzlich wurden meine vorher 5 Monate Aufenthalt auf nur noch einige Tage verkürzt. Und gerade zu dieser Zeit habe ich mich wirklich wohl in der „neuen“ Umgebung gefühlt und habe angefangen, Seawinds als mein zweites zuhause zu sehen. Auch auf der Arbeit lief es gut: Ich durfte öfters die ECD Klasse am morgen unterrichten, habe mit Aunty Shireen die Arts & Craft Klasse übernommen, bei der wir vor allem Klopapierrollen und Plastikflaschen recycelt haben, und ich habe mit dem Anbau eines eigenen Mothers Unite Gemüsegartens gestartet. 
Jetzt mussten wir uns auf einmal von allen Kindern verabschieden, und konnten gleichzeitig immer noch nicht realisieren, dass es bei den meisten wahrscheinlich ein Abschied für immer sein wird.

Ein letztes Foto 

Doch damit endete die Reihe der überraschenden Ereignisse nicht: Am Donnerstag den 19. März fand ein Meeting statt: Der Kollege der Tochter einer Mitarbeiterin wurde positiv auf Corona getestet, weshalb alle Mitarbeiter nach Hause geschickt wurden. Am selben Abend erhielten Hanno und ich die E-Mail von Kolping mit den Flugtickets, und zwar für Samstag, den 21. März. Mit so einer kurzfristigen Rückreise haben wir beide nicht gerechnet. Wir hatten also nur noch einen Tag, um unsere Koffer zu packen und um uns von den Mitarbeitern von Mothers Unite und unseren Gastfamilien zu verabschieden. Leider hatten wir keine Zeit, um von Freunden Abschied zu nehmen.  

Und dann ging es Samstagmorgen los zum Flughafen, von wo wir erst nach Dubai und dann nach Amsterdam flogen. Von dort aus fuhr ich mit dem Zug nach Achim. Jetzt bin ich wieder zuhause, und kann aufgrund der Ausgangsbeschränkungen doch noch  keine Freunde oder Bekannte treffen.

Ich versuche, all die Ereignisse der letzten Wochen zu verarbeiten, während meine Eltern immer noch in Kapstadt sind (der erste Flug wurde storniert) und Präsident Ramaphosa erst gestern am 24. März ankündigte, dass es ab Freitag auch in Südafrika einen Lockdown geben wird. 

Die Welt steht kopf…


Abbruch meines Freiwilligendienstes wegen COVID-19

Hallo Leute, Ich kann es selber kaum glauben, aber diesen Post schreibe ich wieder aus Achim. Denn seit Sonntag den 22. März bin ich wi...